mit Janis Klinkenberg.
Er verliert den Kontakt zum Boden und hebt ab. Die Tannen des Schwarzwalds, die gerade noch riesengroß erschienen, wirken jetzt winzig klein. Wie ein Vogel schwebt er über die Tannenspitzen hinweg auf den Abgrund einer Schlucht hinzu. Das Adrenalin schießt ihm durch die Adern, als er im Sturzflug entlang der Felswände auf einen schmalen Fluss zusteuert, dem er immer näher kommt. Kurz vor der Berührung zieht er nach oben und hat ein Grinsen im Gesicht.
„Beim Fliegen mit der FPV (First Person View) Drohne trage ich eine Videobrille und kann wie in einem abgedunkelten Raum live sehen, was die Drohne sieht. Diese Technik eignet sich besonders für schnelle Flüge über weite Landschaften wie Berge, Wälder, Flüsse und Seen. Durch die hinzugewonnene Bewegungsfreiheit lassen sich vogelähnliche Flüge umsetzen.“
Als Filmemacher sucht Janis ständig nach neuen Perspektiven. Aus der Luft zu Filmen, eröffnet ihm eine neue Dimension, die normalerweise nur Vögeln vorbehalten ist. „Ich kann im Winter über ein sonst unüberwindbares Schneefeld fliegen, im Frühling an die andere Seite eines Ufers gelangen, im Sommer über einen dichten Wald blicken und im Herbst von oben aufnehmen, wie die Blätter von den Bäumen fallen.“
Janis kann jede Bewegungsänderung der Drohne komplett manuell vom Boden aus kontrollieren und bestimmen, welche Bilder sie aufnimmt. „Ich bin selten so sehr im „Flow“ wie beim Fliegen mit der FPV Drohne, denn wenig erfordert so viel Konzentration.“
Auch wenn Janis Glück bei seiner Arbeit empfindet, sieht er vor allem das Potential in ihr: Mit atemberaubenden Aufnahmen können die Mitmenschen eine neue Perspektive auf ihren Planeten bestaunen und dabei Begeisterung und Achtung für der Natur empfinden. „Solange man genügend Rücksicht auf die Tiere nimmt und die Flugzeit minimiert, können dabei Aufnahmen entstehen, mit denen ich Menschen die Natur auf eine neue Weise zeigen und sie für ihren Schutz begeistern kann.“
Das bienenschwarmartige Geräusch der Drohnen kann von Menschen als Belästigung und von Tieren als Bedrohung empfunden werden. Wer Drohne fliegt, sollte sich daher streng an die Regeln der Naturschutzgebiete halten. Gerade in der Winterzeit, in welcher die Natur fragil ist und Energie spart, kann es für manch ein Tier, wie den Auerhahn, tödlich enden, wenn man ihn aufschreckt und dadurch verjagt.
Den ruhigen Blick in die Natur auch immer wieder ohne Kamera zu genießen ist für Janis ein wichtiger Teil, um sie auch mit den anderen Sinnen intensiver wahrnehmen zu können. „Ich bin dankbar dafür, dass ich an einem so wunderschönen Ort arbeiten kann. Oft bin ich ohne Kamera auf der Suche nach einem besonderen Ort und erst bei der besten Lichtstimmung kommt sie zum Einsatz.“
Aber beim Betrachten der Natur stößt man mit dem natürlichen Blick trotzdem an Grenzen: „Ein großer Teil ihrer Schönheit liegt abseits von dem, was wir mit unseren Augen wahrnehmen können. Während man mit Makroaufnahmen wunderschöne Details kleinster Lebewesen für das menschliche Auge sichtbar machen kann, so erlaubt der Blick aus der Luft einen Überblick, den man ohne technisches Gerät vom Boden aus niemals erhalten würde.“ Janis kann Parallelen zwischen den kleinsten und größten Naturstrukturen ausmachen. „Im Großen helfen uns Luftbilder, ganz neue Zusammenhänge, wie die Struktur einer See- oder Moorlandschaft zu erkennen. Oft finden sich solche Strukturen und Muster aus den Makroaufnahmen in diesen von weit oben aufgenommenen Landschaftsbildern wieder und es ist nicht sofort erkennbar, welchen Maßstab man gerade sieht – das fasziniert mich.“
Technik kann dazu dienen, die Natur mit neuen Augen zu sehen und gleichzeitig bietet die Natur viel Inspiration für technische Geräte. Das Rauschen des Windes und das Gefühl des Fliegens überträgt sich aber auch durch eine Drohne nicht komplett auf den menschlichen Körper. Seit einigen Jahren ergänzt Janis daher sein Naturerlebnis in der Luft durchs Paragleiten. Unter dem Gleitschirm schalten sich auch alle anderen Sinne ein und man fühlt das Fliegen mit jeder Zelle des Körpers.
Er hebt ab, der Gegenwind rauscht sanft an seinen Ohren. Unter ihm kreist ein Rotmilan über den Wipfeln der Tannen, die ihm gerade noch riesengroß erschienen.